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Neues Equipment: Stativ

Hallo, diesmal gibt es zur Abwechslung mal einen Beitrag über die technische Seite des Fotografierens und des Filmens. Es geht um Stative im Allgemeinen und die Auswahl meines neuen Equipments im Besonderen.

Die Theorie

Ein vollständiges Stativ unterteilt sich in das Stativgestell und den Stativkopf.

Stativgestell

Beim Stativgestell ist neben der generellen Stabilität vor allem die Höhe, das Packmaß, das Eigengewicht und die Tragkraft für die Wahl ausschlaggebend. Sie bestimmen die Ergonomie bei den Aufnahmen und beim Transport und setzen die Obergrenzen für die Belastungsfähigkeit des Statives. Diese wirkt besonders bei schwereren DSLR-Kameras oder Profi-Camcordern beschränkend. Zusätzlich sollte man auf die Verarbeitung und die verwendeten Materialien achten. Einige Stative warten mit Features wie Schaumstoffbeschichtungen, Carbongestänge oder Magnesiumteilen auf. Wenn man kein Komplettstativ kauft, sondern sich aus einem Stativgestell und einem Kopf ein eigenes Set zusammenstellt, muss man außerdem auf das passende Stativgewinde achten. Es bildet die Verbindung zwischen dem Stativ und dem Kopf und muss natürlich an beiden Teilen übereinstimmen. Die gebräuchlichen Maße sind 3/8 Zoll und 1/4 Zoll.

Stativkopf

Die Wahl des Stativkopfes richtet sich neben den eigenen Qualitätsansprüchen auch nach dem Anwendungszweck, für den der Stativkopf gedacht ist. Fotografen werden sicher einen 3-Wege-Neiger wählen, während Filmschaffende einen 2-Wege-Kopf bevorzugen werden. Neben ihren Freiheitsgraden unterscheiden sich Stativköpfe vor allem in ihrer Lagerung. Sehr günstige Stativköpfe besitzen Gleitlager aus Plastik, die ohne besondere Schmierstoffe aufeinander reiben. Sie eignen sich für Einsteiger in die Fotografie, lassen sich leidlich ausrichten und befestigen, schwenken aber wegen der großen Haftreibung zwischen den Komponenten sehr ruckelig. Höheren Ansprüchen genügen da schon Friktionsköpfe, wie sie zum Beispiel beim Bilora 2-D Video-Kopf Pro 36 verbaut werden. Hier befindet sich eine hochviskose Fettschicht zwischen dicht gestapelten Metallteilen, die stark aneinander reiben. Arretiert man den Stativkopf, erhöht sich die Reibung zwischen den Bauteilen weiter, so dass sich nichts mehr verstellt. Profis verwenden meist Fluidköpfe, bei denen die Dämpfungswirkung dadurch erreicht wird, dass (Autostoßdämpfern nicht unähnlich) eine zähe Flüssigkeit durch Metallkammern gepresst wird. Sie sind die teuerste Klasse von Stativköpfen, bieten dafür aber die besten Leistungen. Für die einfache Benutzung sollte man zudem darauf achten, dass der Stativkopf mit einer Schnellwechselplatte ausgestattet ist, die man selbst wiederrum ohne Werkzeug von der Kamera oder der Stativschelle der Optik entfernen kann.

Die Kaufentscheidung

Stand der Dinge

Bisher habe ich ein Cullmann Alpha 2500 Stativ mit 3-Wege-Kopf verwendet, das für meine Fotoanforderungen ausgereicht hat. Dieses Modell hat jedoch gleich mehrere Nachteile: Es ist nicht besonders stabil, es bietet keine ausreichende Tragkraft mehr für mein Equipment und es ermöglicht wegen seines Kopfes mit einfachen Kunststofflagern keine sanften Schwenks, was auf Videoaufnahmen als deutliche Ruckler zu sehen ist. Auch mit Ölspray war leider keine Besserung zu erreichen. Deshalb habe ich mich entschieden, auf ein besseres Stativ umzusteigen.

Erster Versuch: Bilora

Aus meiner Arbeit mit Picmention kannte ich bereits das Bilora Video Pro Doppel-Profilo Art.Nr. 936, das ich dadurch ausgiebig testen konnte und an das ich mich schon ein wenig gewöhnt hatte. Deshalb war Bilora auch meine erste Anlaufstelle. Geizhals.at pries das Komplettstativ für ca. 140,-€ an, aber da es offenbar nicht gerade einfach zu bekommen ist, habe ich mich weiter im Netz umgesehen, gelesen, verglichen und bin schließlich bei einer anderen Lösung gelandet.

Zweiter Versuch: Cullmann

Meine Alternatividee war das CULLMANN Magnesit 528Q QuickShift Stativ in Kombination mit dem Cullmann Alpha 9000VH 2-Wege Stativkopf. Dadurch erhalte ich ein tragfähigeres, leichteres Stativ und einen Fluidkopf statt eines Friktionskopfes, zumal der Friktionskopf des Biloras nach längerem Gebrauch unter Umständen Probleme bereiten kann. Der Preis für dieses Set liegt zwar ein Stück über dem, was ich eigentlich ausgeben wollte, aber die höheren Ausgaben werden sich im Betrieb hoffentlich auszahlen. Immerhin hat Cullmann durchaus einen guten Ruf und bietet 10 Jahre Garantie, wenn man sein Stativ registriert.

Technische Daten

Das Magnesit 528Q kommt mit eloxierten Aluminiumbeinen mit Schaumstoffummantelung und einem Stativstern sowie Gelenkteilen aus Magnesium daher, was Langlebigkeit und ein angenehmes Handling verspricht. Außerdem bietet es fast 1,60m Höhendifferenz zwischen höchster und niedrigster Einstellung. Die angegebene Tragkraft beträgt 7kg bei nur 2,3kg Eigengewicht.

Der Alpha 9000VH Fluidkopf trägt sogar bis zu 10kg bei nur 1,8 kg Eigengewicht. Er ist komplett in einem Aluminium-Druckgussverfahren hergestellt. Die längsverschiebbare Schnellwechselplatte ermöglicht es, schweres Equipment über dem Stativ auszubalancieren. Zusätzlich verfügt der Kopf über eine Wasserwaage, mit deren Hilfe das Stativ genau horizontal eingestellt werden kann.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle die herausragenden Leistungen der Onlineshops DigitFoto.de und EnjoyYourCamera.com, die extrem schnell geliefert haben. Vielen Dank!

Der Praxistest

Stativgestell

Das Magnesit 528Q hält auf den ersten Blick, was es verspricht. Es ist ein solides Stativ, macht einen wertigen Eindruck und ist präzise und mit geringen Toleranzen gefertigt. Die Benutzung einiger Features erschließt sich erst auf den zweiten Blick, aber letztlich ist alles an der richtigen Stelle, fühlt sich gut verarbeitet an und verspricht viel Spaß und ein langes Leben.

Als "Bonus" ist noch eine verkürzte Mittelsäule im Lieferumfang enthalten, die ich auch gleich eingebaut habe. Damit lässt sich das Stativ auf besonders niedrige Höhen einstellen, was für bodennahe Perspektiven oder Makroaufnahmen sehr nützlich ist. Leider ist wird der Stativkopf auf genau dieser Mittelsäule aufgeschraubt, so dass sich (korrekte Montage vorausgesetzt) häufigere Wechsel der Mittelsäule eher aufwändig gestaltet. Man kann einen Teil dieses Aufwandes jedoch vermeiden, indem man den Kopf nur auf die Mittelsäule aufschraubt und nicht noch, wie in der Anleitung beschrieben, mit einer Madenschraube fixiert.

Für Außenaufnahmen kann man außerdem die großen Gummifüße ein Stück nach oben schrauben, so dann kleine Spikes freigelegt werden, die den Grip gerade auf rutschigen Oberflächen verbessern. Bei Innenaufnahmen lässt man die Spikes verschwinden, so dass der Bodenbelag nicht beschädigt wird.

Bei den ersten Versuchen mit dem Stativ ist mir aufgefallen, dass bei größeren Lasten die ausgezogenen Stativbeine wieder ineinander geschoben werden, was schnell nervig wird und auch unpraktisch ist. Ein kurzer Blick in die Gebrauchsanleitung zeigt aber, dass die Fixierungen mittels kleiner Inbusschrauben nachjustiert werden können. Den passenden Schlüssel liefert Cullmann praktischerweise gleich mit, so dass ich das Problem noch unterwegs schnell beheben konnte.

Stativkopf

Das Alpha 9000VH macht einen robusten, geradezu monolithischen Eindruck, funktioniert aber leichtgängig und ist einfach zu bedienen. Schwenks in eine einzige Richtung funktionieren wie erwartet angenehm sanft; Schwenks über beide Gelenke gleichzeitig könnten noch ein kleines bisschen sanfter sein. Der Fairness halber muss man aber sagen, dass das Gejammer auf sehr hohem Niveau ist und ich die Kombination trotzdem guten Gewissens weiter empfehlen würde.

Andi von FotografDD hat mir berichtet, dass er die Arretierung für Schwenks um die Hochachse nicht finden konnte und in der Tat ist diese ein wenig versteckt in einer Nische an der Vorderseite des Kopfes angebracht. Hat man sie jedoch gefunden, funktioniert sie wie erwartet und stellt den Kopf bombenfest.

Einige Kunden berichten in Foren darüber, dass aus ihrem Alpha 9000VH Fluidflüssigkeit austreten würde. Bis jetzt habe ich davon aber nichts bemerkt und bin auch erst einmal optimistisch, dass das so bleibt.

Details

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Die Gesamtansicht des Stativs. Wie man sieht, ist der Stativkopf noch nicht montiert.

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Stativkopf mit oben liegender Schnellwechselplatte. Sie ist zusätzlich mit einem Kamerastift ausgestattet, so dass die aufgeschraubte Kamera exakt ausgerichtet werden kann. Die Schnellwechselplatte ist mittels eines Rändelrades (links im Bild sowie nächstes Foto) axial verschieb- und fixierbar. Unten links im Bild sind außerdem einer von zwei Fixierstiften zu sehen, die die Schnellwechselplatte gegen versehentliches Lösen vom Kopf sichern.

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Die Unterseite der Schnellwechselplatte. Wie man sieht, ist ein Schraubenzieher nötig, um die Platte an der Kamera anzubringen. Günstiger wäre hier eine Lösung, wie sie am Cullmann Alpha 2500 verwendet wird. Dort kann man einen kleinen Bügel hochklappen und die Schraube von Hand festziehen.

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Die Fixierungshebel um die Hochachse liegt ein wenig versteckt an der Vorderseite des Stativkopfes.

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Der Schwenkgriff lässt sich über den links abgebildeten Hebel lösen und in eine bequeme Position bringen. Außerdem kann der komplette Griff auch an der linken Seite des Stativkopfes angebracht werden, um die Bedienung für Linkshänder zu vereinfachen. Weiter rechts im Bild ist auch das Rändelrad und die Fixierung für die Positionierung der Schnellwechselplatte auf dem Stativkopf angebildet.

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Der Stativkopf ist mit einer eigenen Libelle ausgestattet, um sicherzustellen, dass der Stativkopf exakt horizontal ausgerichtet ist. Die Position ist etwas ungünstig gewählt, so dass man die Libelle nicht von oben ablesen kann, weil die Blickrichtung von der Schnellwechselplatte verdeckt wird. Die Libelle am Stativgestell kompensiert das jedoch in diesem Fall.

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Wie schon erwähnt sind die Stativfüße verstellbar ausgelegt, um verschiedenen Untergründen Rechnung zu tragen.

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Die Stativsäule ist höhenverstellbar und kippbar ausgelegt, so dass wahrscheinlich gerade bei Videoaufnahmen sehr schöne Schwenks möglich werden. Ich hatte nur leider noch keine Möglichkeit, das zu testen. Wie schon erwähnt, sind im Lieferumfang je eine lange und eine kurze Stativsäule enthalten, die man mit wenigen Handgriffen austauschen kann. Abgebildet ist die kurze Ausführung. Außerdem ist neben der Libelle gut die Skaleneinteilung in Grad zu sehen, die präzise Schwenks erleichtert.

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Der Anschluss für den Stativkopf oben an der Stativsäule in Großaufnahme. Das kleine Loch an der Seite beherbergt eine Madenschraube, mit der der fertig montierte Kopf fixiert werden kann.

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Die Stativbeine können bis auf sehr flache Winkel aufgespreizt werden. Das erleichtert Makroaufnahmen beispielsweise in der Natur, da man die Kamera besonders nahe an den Boden bringen kann. In unwegsamem Gelände kann man dieses Feature auch nutzen, um große Unebenheiten auszugleichen. Damit die Stativsäule dabei nicht im Weg ist, muss man vorher die kurze Ausführung montieren.

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Die Länge der Stativbeine kann über zwei Teleskopeinrichtungen verändert werden. Über die abgebildeten Inbusschrauben kann eingestellt werden, wie straff die Fixierung arbeitet.

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Beispielhafter Aufbau des Stativs mit Stativgestell, Stativkopf, Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv und aufgesetztem externem Blitz. Wie man sieht, ist die Schnellwechselplatte des Stativs unten am Objektiv angeschraubt, um die Balance zu verbessern.

Fazit

Ich hatte inzwischen schon zwei Gelegenheiten, das Equipment zu testen, und es hat sich sowohl bei meiner Nachtfototour an der Dresdener Waldschlösschenbrücke mit Falko von Another Picture und meiner Freundin Elli als auch bei unserem vierten Dreh für unser Kurzfilmprojekt bestens bewährt. Ich bin absolut zufrieden mit dem Kauf und würde jederzeit wieder alles genauso machen.

DISCLAIMER: Ich schreibe diesen Artikel als unabhängige Person. Ich erhalte von keiner der genannten und/oder verlinkten Firmen Geld, Sachleistungen oder irgendwelche anderen Leistungen oder Vorteile und bin mit keiner dieser Firmen auf andere Art und Weise verbunden.