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Kleine Formatlehre

Wie ich in 'RAW – oder “Warum sich der zusätzliche Aufwand digitaler Negative lohnt”' schon berichtet habe, entschließt man sich mit dem Kauf einer Kamera auch für das herstellerspezifische RAW-Format. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Optionen, auf die ich kurz eingehen möchte.

RAW - die "klassische" RAW-Datei

Eine RAW-Datei enthält Folgendes:

  • Header: der einleitende "Kopf" der Datei (Endianness (also ob die Bytes in der Datei von links nach rechts oder anders herum ausgewertet werden), File identifier (ein besonderes Zeichen, das die Datei als RAW-Datei ausweist), Offset zum Datenbereich (Anzahl der Bytes, die noch kommen, bevor der Bereich mit den Sensordaten beginnt))
  • Sensormetadaten: Daten, die die Eigenschaften des Sensors näher beschreiben (Sensorgröße, Eigenschaften des Farbfilters vor dem Sensor, Farbprofil des Sensors)
  • Bildmetadaten: Daten, die die Eigenschaften des Bildes näher beschreiben (Aufnahmedatum, Kameramodell, Seriennummer, Blendenzahl, Belichtungszeit, Brennweite, ISO, Blitzauslösung, Farbtiefe pro Farbkanal (rot, grün, blau), Farbraum, Über-/Unterbelichtung in Drittelblendenschritten, Belichtungsmessmethode, Weißabgleich, Geodaten/GPS-Position, Autoreninformationen zum Copyright und noch viele andere mehr), oft intern im gebräuchlichen EXIF-Format abgelegt
  • Miniaturvorschaubild
  • Ansichtsbild im JPEG-Format zur schnellen Vorschau (optional)
  • Sensordaten: die eigentlichen Bildinformationen in einem sensorspezifischen, nicht öffentlich spezifizierten Format

DNG - Adobe Digital Negative

Zum Einen gibt es das DNG-Format (Adobe Digital Negative), das 2004 von Adobe spezifiziert wurde und auf dem TIFF/EP-Standard (ISO 12234-2) basiert. Es sollte als Austauschformat für digitale Negative die herstellerspezifischen Formate ersetzen. Inzwischen unterstützen einige Programme die Konvertierung nach DNG und auch einige Kamerahersteller bieten wahlweise die Speicherung digitaler Negative als DNG in den Kameraoptionen an. Die flächendeckende Unterstützung, insbesondere auch durch die Marktführer Canon und Nikon, ist jedoch bisher ausgeblieben. DNG ist durch seine offene Spezifikation leicht nachimplementierbar, portabler und unabhängig von den Bayer-Sensoren, jedoch selten vollständig implementiert. DNG durchläuft derzeit die ISO-Standardisierung und wird voraussichtlich als TIFF/EP-Erweiterung Teil des Standards werden. Der geringe Umfang des Spezifikationstextes von gerade einmal 101 Seiten spricht für eine klare, unkomplizierte Spezifikation.

Die Verwendung von DNG hat jedoch einen entscheidenden, meiner Meinung nach alles überstrahlenden Vorteil: durch seine offene und vergleichsweise einfache Spezifikation ist es langzeitarchivierbar und kann den ständigen Wandel der Formate in der digitalen Welt überstehen. Wie es frühere Generationen schon mit Fotoplatten, Fotonegativen, Fotopositiven und ausbelichtetem Fotopapier getan haben, können damit auch elektronische Digitalfotos über Jahrzehnten oder vielleicht sogar Jahrhunderte bewahrt und verfügbar gehalten werden. Die herstellerspezifischen RAW-Formate werden dagegen aussterben, sobald sich ein Hersteller entschließt, sie nicht länger zu unterstützen.

TIFF - Tagged Image File Format

Mein Kollege @Art1Pirat und ich haben uns beruflich ausgiebig mit dem TIFF-Format beschäftigt. Er hat das Dateiformat einmal komplett analysiert und auch untersucht, inwiefern man beschädigte TIFF-Dateien reparieren kann. Für nähere Informationen verweise ich deswegen auf sein Blog.

TIFF ist in der Lage, Bilddaten auch mit 12 oder 14 Bit Farbtiefe unter Annahme eines vorläufigen Weißpunktes abzuspeichern, und ist deshalb als Austauschformat zwischen RAW-Convertern und "normalen" Bildbearbeitungsprogrammen sowie zur Langzeitaufbewahrung von Fotos besonders geeignet.

Einige Kameras können bereits bei der Aufnahme TIFF erstellen, und auch wenn damit sicher nicht das Qualitätsniveau von RAW-Formaten erreicht wird, ist es sicher eine gute Alternative zur ausschließlichen Aufnahme von JPEGs.

PNG - Portable Network Graphics

Auch das durchaus verbreitete PNG-Format könnte RAW-Dateien teilweise ersetzen. Immerhin bietet es bis zu 16Bit Farbtiefe je Farbkanal sowie noch einmal 16Bit für den Alphakanal, der für die Darstellung von Transparenzen zuständig ist. Auch wenn es (wie TIFF) sicher RAWs völlig nicht ersetzen kann, bietet es sich wegen der verlustfreien Kompression als Austauschformat an. Die offene Spezifikation und die Lizenzfreiheit sind für Fotografen ebenso von Vorteil wie die Möglichkeit, Prüfsummen in die Datei zu integrieren und damit sicherzustellen, dass die Bilddaten nicht versehentlich verändert oder beschädigt worden sind.

Bei der Erstellung von PNGs ist im Zweifel darauf zu achten, dass das erstellende Programm auch die volle verfügbare Farbtiefe unterstützt, damit kein PNG mit nur 8Bit Farbtiefe entsteht und wertvolle Bildinformationen verloren gehen.

OpenRAW

Die deutsche OpenRAW-Initiative setzt sich dafür ein, dass die Hersteller digitaler Kameras die Spezifikationen ihrer RAW-Formate offenlegen. Die digitale Langzeitverfügbarkeit der Formate soll dadurch verbessert und dem Nutzer eine freie Wahl zwischen den RAW-Formaten gegeben werden.

RAW - oder "Warum sich der zusätzliche Aufwand digitaler Negative lohnt"

In diesem Artikel möchte ich eine Lanze für die Fotografie im RAW-Format brechen. Gerade Einsteiger stellen mir oft die Frage, warum es denn nötig sei, in RAW zu fotografieren, ob nicht JPEG auch ausreiche und monieren, dass man sich als Anfänger ja nicht mit zusätzlichem Aufwand belasten möchte. Auch ich habe viel zu lange nur JPEGs fotografiert und ärgere mich inzwischen darüber. Deshalb möchte ich die Chancen und auch die Nachteile beleuchten, die RAW-Formate mit sich bringen. Der Artikel wird streckenweise sicher ein bisschen technisch ausfallen, aber ich werde mir Mühe geben, alle Fachbegriffe einsteigerfreundlich zu erklären, damit am Ende auch ein Erkenntnisgewinn bleibt.

Was ist RAW?

Mit dem Begriff "RAW" (engl. "roh", englische Wikipedia) bezeichnet man die Rohdaten, die beim Fotografieren weitestgehend ohne Wandlungen aus dem Bildsensor ("Chip") der Kamera gelesen werden. Sie werden ohne Umwege in eine Datei geschrieben und enthalten alle Licht- und Farbinformationen, die der Chip messen kann. Daher bilden sie einen sehr großen Farbraum ab. RAW-Dateien sind jedoch üblicherweise auch spezifisch für den Bildsensor einer Kamera, so dass eine Speicherung (anders als bei pixelbasierten Formaten wie JPEG) exakt so erfolgt, wie die Messpunkte auf dem Chip angeordnet sind. Bei den Bayer-Sensoren, die heute in allen gängigen Kameras verbaut werden, sind 25% der Messpunkte auf dem Chip für rote, 50% für grüne und 25% für blaue Bildinformationen verantwortlich. Sie sind daher nicht gleichmäßig angeordnet, sondern in so einem charakteristischen Raster:

 

Bayer matrix
Bayer-Raster (Foto: Amada44 (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons)
 

Eine RAW-Datei enthält einen einleitenden "Dateikopf", Daten über den Bildsensor, Daten über das eigentliche Bild, ein Miniaturvorschaubild und die eigentlichen Bildinformationen.

Um aus der RAW ein gebräuchlicheres Format wie z. B. JPEG zu erzeugen, exportiert man die RAW-Datei in ein beliebiges Zielformat. Dazu benutzt man eine Software, die über einen RAW-Converter verfügt, wie z. B. Adobe Photoshop Lightroom oder Adobe Camera Raw. (Bei Fotocommunity.de gibt es eine Liste aller aktuellen RAW-Converter.) Der Exportvorgang ist damit das digitale Äquivalent zum Entwickeln von Filmnegativen, wie man es zu Zeiten der analogen Fotografie z. B. mit Roll- oder Diafilmen tat.

Beim Export der RAW-Dateien wird aus dem Rasterbild der Sensordaten, bei denen jeder Messpunkt nur eine Farbe hat, mittels mathematischer Verfahren ein Pixelbild errechnet ("Demosaicing"), so dass jeder Bildpunkt ("Pixel") Farbinformationen zu allen drei Grundfarben enthält. Die benachbarten Grundfarben und Helligkeitswerte werden interpoliert (also "qualifiziert geraten"). Dabei fließen alle in der RAW-Bearbeitung gesetzten Parameter mit in die Berechnung ein.

Auch wenn erst einmal alle Digitalkameras ihre Bilder im RAW-Format aufnehmen, war das Abspeichern von Aufnahmen im RAW-Format lange nur Spiegelreflexkameras der Premiumklasse vorbehalten. Inzwischen haben sie sich jedoch ihren Weg über die Mittelklasse, die Einsteigerklasse, die kompakten Systemkameras bis hinein in die Bridgeklasse gebahnt. Generell wird die Erstellung von RAWs jedoch häufiger unterstützt, je hochwertiger die Kamera ist. Einsteigerkameras und Smartphonekameras sind dagegen üblicherweise nicht in der Lage, RAWs zu schreiben.

 

"Nikon D70S CCD sensor" von camera_recycler bei Flickr
"Nikon D70S CCD sensor" von camera_recycler bei Flickr (CC BY 2.0)

 

Welche Formate gibt es?

RAW-Formate gibt es so viele, wie es Kameratypen gibt. Da jede RAW-Datei spezifische Daten des jeweiligen Sensortypen enthält, gibt es selbst bei Kameras aus der gleichen Familie eines einzigen Herstellers schon so große Unterschiede, dass man streng genommen nicht mehr vom gleichen Dateityp sprechen kann. Außerdem enthalten die RAW-Dateien einiger Hersteller (z. B. Panasonic) auch noch Informationen zur Korrektur von chromatischer Aberration (ein Abbildungsfehler, bei dem an Bildkanten lila oder grüne Farbsäume entstehen) oder andere Zusatzinformationen.

Grundsätzlich ist es jedoch so, dass die Hersteller jeweils ihr eigenes Überformat mit eigener Dateiendung spezifizieren, das dann die Daten ihrer unterschiedlichen Kameras aufnehmen kann. So verwendet Canon z. B. das .CR2-Format, Nikonkameras schreiben .NEF-Dateien und bei Sony kommt das SR2-Format zum Einsatz. Die meisten dieser Formate basieren zudem auf dem TIFF-Standard, der in der Welt der professionellen Fotografie weit verbreitet und bereits lange stabil ist.

Einen umfangreicheren Beitrag zu diesem Thema gibt es demnächst.

Welche Vorteile hat RAW?

Die Benutzung von RAW-Dateien hat viele Vorteile, für die es sich lohnt, den Mehraufwand in Kauf zu nehmen. Zum Einen ist da das Mehr an Bildinformationen: RAW-Aufnahmen speichern je Farbkanal (rot, grün oder blau) 4.096 Farben (bei 12Bit-RAWs) oder 16.384 Farben (bei 14Bit-RAWs). Demgegenüber bieten JPEGs nur 8 Bit bzw. 256 Farbabstufungen pro Farbkanal. Dadurch sind deutlich feinere Farbabstufungen möglich, mit denen man (in Grenzen) auch HDR-Effekte (High Dynamic Range / Bilder mit hohem Dynamikumfang) nachbilden kann. Außerdem kann man durch den größeren Dynamikumfang auch stark unterbelichtete Fotos besser korrigieren oder scheinbar überstrahlten Himmel noch "retten". Darüber hinaus hat man eine weitaus feinere Kontrolle über die Entwicklungsparameter. So kann man beispielsweise den Weißabgleich Kelvin-genau einstellen und die Schärfungsparameter von Hand setzen, statt sie der Automatik der Kamera zu überlassen. Dadurch bekommt man die bestmöglichen Ergebnisse aus dem Bildsensor, weil die Umwandlung in JPEG-Bilder erst auf dem PC passiert und nicht schon im wesentlich leistungsschwächeren Bildprozessor der Kamera. Kompressionsartefakte und Tonwerttrennung werden besser vermieden, die Pixelberechnung ist genauer.

WeißabgleichJPG

 

Weißabgleich im JPEG (+-100 Stufen, gesetzt auf Stufe -19)

 

WeißabgleichRAW

Weißabgleich im RAW (50.000 Stufen in Kelvin, gesetzt auf 4386K)

 

Außerdem kann die RAW-Datei als Datei mit einem beliebigen Farbraum exportiert werden, so dass sie z. B. für den professionellen Druck vorbereitet werden kann. JPEGs liegen dagegen meist im wesentlich kleineren sRGB-Farbraum vor, der längst nicht alle Farben der ursprünglichen RAW-Datei abbilden kann.

Welche Nachteile hat RAW?

Den Vorteilen der RAW-Dateien stehen natürlich einige Nachteile gegenüber. Der Speicherbedarf von RAW-Dateien ist ca. 4-6 Mal größer als der von JPEGs, was aber mit der verlustfreien internen Komprimierung teilweise kompensierbar ist. Außerdem wird mit dem technischen Fortschritt Speicherplatz immer billiger, so dass der wachsende Speicherbedarf kaum ein Problem darstellt. Bei meiner Canon EOS 550D (mehr Informationen bei www.dpreview.com) sind RAW-Dateien ca. 24 MB, die dazugehörigen JPEGs direkt aus der Kamera ca. 6 MB groß.

Dazu kommt natürlich der zusätzliche Umwandlungsaufwand, weil aus den RAW-Dateien JPEGs exportiert werden müssen.

Bei actionreichen Shootings muss man außerdem die langsameren Bildfolge bei Aufnahmen berücksichtigen, weil der Bildzwischenspeicher sich wegen der größeren Dateien schneller füllt. Wenn der Puffer voll ist, kann man für eine Weile keine weiteren Aufnahmen machen. (Wenn ein Bild aufgenommen wird, misst der Sensor die Helligkeitswerte der drei Grundfarben. Anschließend werden die Sensorwerte ausgelesen und in einen Zwischenspeicher ("Puffer") geschrieben, von wo aus sie als Datei auf die Speicherkarte geschrieben werden. Der Puffer ist nur für eine kleine Anzahl an Fotos dimensioniert, dafür aber sehr schnell beschreibbar und lesbar.) Schnellere Speicherkarten (z. B. SDHC Class 10 Karten) können diesen Nachteil teilweise ausgleichen, sofern die Kamera in der Lage ist, die Bilddaten schnell genug auf die Karte zu schreiben.

Fazit

Die RAW-Formate bieten qualitätsbewussten Hobbyfotografen und Profis mehr als genug Möglichkeiten, das Beste aus ihren Fotos herauszuholen. Dafür lohnt es sich, die Nachteile und den Zusatzaufwand in Kauf zu nehmen.

Fragen? Fragen! Entweder in den diversen sozialen Netzen, in den Kommentaren unter diesem Artikel oder persönlich bei der nächsten #DDnPic Nachtfototour (Nachlese zum ersten #DDnPic, Nachlese zum zweiten #DDnPic).

Zum Weiterlesen

Vielen Dank an @t4paulchen für's Korrekturlesen!